Ein Schock ist ein psychischer Ausnahmezustand
Medizinisch gesehen versteht man unter einem Schock ein "akut einsetzendes Kreislaufversagen", verursacht z.B. durch Blutverlust oder Pumpversagen des Herzens. Ein Schock durch psychische Belastung existiert medizinisch gesehen nicht, kurze Ohnmachtszustände durch psychische Erregung werden nicht als Schock bezeichnet.
Unter dem Wort "Trauma" versteht der Mediziner eine "Verletzung", unabhängig ob seelisch oder durch Gewalteinwirkung.
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Kommentare zu diesem Ammenmärchen (Kommentar schreiben)
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holger hat am 10. März 2003 um 00:02 Uhr geschrieben:
über das richtige Lesen von Speziallexika
Hier mal kurz zwei Auszüge aus zwei Lexika zum Thema Schock:
1) DUDEN, Das Neue Lexikon: "1. [frz.] Medizin: durch unterschiedl. Ursachen hervorgerufenes, lebensbedrohl. Kreislaufversagen mit unzureichender peripherer Durchblutung (Kreislauf-S.) ... 2. Durch seelische Erschütterung mit schockähnl. vegetativen Reaktionen wird ein psychischer S. hervorgerufen. Neben den Symptomen des Kreislauf-S. kommt es zu Orientierungsverlusten, Erregung oder Erstarrung. Ein psych. S. kann Ausgangspunkt für eine traumat. Neurosenentwicklung sein. ..."
2) KLUGE. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache: " (< 18.Jh.). in neuerer Zeit entlehnt aus frz _choc_ 'Stoß, Schlag', auch in den übertragenen Bedeutungen. Hierzu _schockieren_, eigentlich 'jmd. einen Stoß versetzen' aus frz. _choquer_."
Der Pschyrembel ist ein allgemeinmedizinisches Speziallexikon, das weder den allgemeinen Sprachgebrauch wiedergibt noch allzu detailliert etwa auf psychologischen Gebrauch der Ausdrücke eingeht. Die Definition des Pschyrembel schließt keineswegs aus, daß Psychologen eine eigene, psychologisch definierte Anwendung des Wortes "Schock" kennen und benutzen. Leider habe ich momentan kein psychologisches Fachlexikon zur Hand, aber das DUDEN-Lexikon spricht ausdrücklich auch von einem Schock in der Psychologie. Vielleicht ist in der Psychologie dieser Terminus inzwischen durch einen anderen, passender erscheinenden, ersetzt worden. Üblich ist er allemal immer noch.
Man sollte (Fach)Lexika immer mit einer gewissen kritischen Distanz konsultieren. Sie alle haben eine ganz bestimmte Absicht und ein bestimmtest Zielpublikum, auf dessen Bedürfnisse sie eingerichtet sind. In einem Lexikon der Mediavistik z.B. wird man "Schock" immer nur als einen meßtechnischen Ausdruck finden, der "60 Stück" bedeutet -- eine Bedeutung, die im allgemeinen Sprachgebrauch wenig und im medizinischen überhaupt keine Rolle spielt.
Völlig richtig ist es aber, darauf hinzuweisen, daß wenn davon die Rede ist, daß etwa Unfallretter befürchten, das schwerverletzte Unfallopfer könne einen Schock erleiden, eben nicht gemeint ist, daß der Betreffende psychisch vom Unfallhergang schockiert sei, sondern daß sein Kreislauf kollabieren könnte.
Nichtsdestotrotz gibt es auch medizinisch/psychologisch den psychologischen Schock einer Traumatisierung durch extreme Erlebnisse ohne körperliche Uraschen.
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Marconia hat am 10. März 2003 um 16:47 Uhr geschrieben:
Es ist zu witzig...
..es schafft hier fast keiner, ein ammenmärchen zu präsentieren, welches sich auch unerschütterlich als solches erweist. Irgendwie ist wohl an fast allem was Wahres dran.
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holger hat am 10. März 2003 um 21:47 Uhr geschrieben:
Frage der Definition
Auch Ammenmärchen gehen in der Regel auf Erfahrungen zurück. Diese wurden zwar, in aller Regel, nicht empirisch verifiziert, so daß der Zufall und eine falsche Einschätzung der Üblichkeit des Sachverhaltes eine oft sehr wichtige Rolle spielen. Aber selbst wenn es sich um eine einmalige Erfahrung handelt, sofern sie richtig als Erfahrung eingeschätzt wird, ist an dem resultierenden Ammenmärchen ETWAS dran: es stimmt zwar nicht im allgemeinen, aber EIN MAL stimmte es doch.
Ein verwandter ähnlicher Faktor hängt sehr eng mit der Formulierung ab: Hättest Du nicht geschrieben, es gäbe aus medizinischer Sicht keinen Schock als Folge psychischer Belastungen, sondern stattdessen spezifischer formuliert, daß etwa der Schock, von dem man bei akut Schwerverletzten spricht, nicht auf ein aus ihrem Erlebten resultierendes Trauma zurückgeht, sondern Folge ihrer Verletzungen und ihres Blutverlustes sei, dann hättest Du ziemlich voll ins Schwarze getroffen.
Außerdem finden sich auf dieser Seite durchaus auch eine Reihe zurecht richtiggestellte Ammenmärchen (der "Klassiker" wäre etwa: wer im Dunkeln liest, schadet seinen Augen)
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David hat am 11. März 2003 um 17:17 Uhr geschrieben:
Stimmt doch, was Marconia schreibt
Aus medizinischer Sicht ist ein Schock nun mal das, was Marconia schreibt. Der Pschyrembel ist in med. Fragen maßgebend, und nicht der Duden. Lies dir mal die Definition von "Diskoqueen", die im Fremdwörterduden steht, durch. Da siehste, daß der Duden ohnehin nicht mehr wirklich die Bibel der dt. Sprache ist.
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holger hat am 14. März 2003 um 22:25 Uhr geschrieben:
Beachte die Terminologie, David!
Der Pschyrembel ist ein allgemeinmedizinisches Lexikon. Psychologie ist, auch wenn einige "klassischen" Mediziner da Berührungsängste haben, ein Teilbereich der Medizin mit einem eigenen Fachwortschatz, der nur bedingt Aufnahme darin fand. Der Pschyrembel ist für diese Frage also auch kein relevantes Lexikon (genauer gesagt, er ist sogar ein weniger relevantes Lexikon als das DUDEN-Lexikon -- nicht der DUDEN! -- das um eine Auflistung aller infragekommenden Definitionen bemüht ist).
Ansonsten wäre auch die ursprüngliche Argumentation suspekt, die dann hieße, daß "Schock" aus Sicht einer Wissenschaft, die den psychologischen Aspekt der Sache grundsätzlich von der Betrachtung ausnimmt, eben kein psychologisches Phänomen ist. Daß eine Rose eine Rose ist, ist zwar sachlich unschlagbar zutreffend, aber ebenso ohne irgendeinen weiteren Erkenntniswert. Und ich glaube, so war das ursprüngliche Posting auch nicht gemeint.
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holger hat am 01. Mai 2003 um 18:24 Uhr geschrieben:
kleine Richtigstellung
Der Pschyrembel ist, wie er ausdrücklich feststellt (und ich leider erst heute nachschaute), ein "klinisches" Wörterbuch. Daß er den psychologischen Schock als nicht-klinisches Phänomen nicht einbezieht, ist eine naheliegende Selbstverständlichkeit. Wir sind also tatsächlich da, wo ich uns schon früher sah: unter Ausschluß aller nicht-klinischer Definitionen und Arten des Phänomens "Schock" ist er halt ein nicht-psychologisches Phänomen. Daß er aber tatsächlich auch ein psychologisches sein kann, steht außer Frage, auch für Mediziner. Denn das Wort §klinisch§ bedeutet nun mal eine extrem enge Einschränkung, die keineswegs alle medizinischen Spezifika beeinhaltet.
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Reddi hat am 08. September 2003 um 01:21 Uhr geschrieben:
Es gibt beides in der Medizin
Schock ist nicht Schock. Es gibt beides in der Medizin. Einmal den Schock inform des Kreislaufsversagens bzw. der Kreislaufinstabilität und den psychologischen Schock.
Wichtig ist, dass es klar in der Definition hervorgeht, welcher Schock gemeint ist. Auch wenn ein psych. Schock zu einem Kreislaufversagens führt od. führen kann, wird der psychische Schock zu einem med. Schock.
Sollte ein psych. Schock in einem med. Schock übergehen, wird es wohl ein "relativer hypovolämischer Schock" oder ein "kardiogener Schock" sein.
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