Ammenmärchen über das Christentum

Kruzifix

Unsere abendländische Kultur ist maßgeblich vom Christentum geprägt: Etliche Feiertage, Sprichwörter und Moralvorstellungen basieren darauf. Doch durch die lange und bewegte Kirchengeschichte und zahlreiche Übersetzungen christlicher Texte in die verschiedensten Sprachen haben sich im Laufe der Jahre auch viele Irrtümer und Ammenmärchen eingeschlichen. Fest im kollektiven Gedächtnis verankert und tradiert, halten sie sich zum Teil schon seit vielen Jahrhunderten.

Weihnachten, Ostern und moderne Zeitrechnung: Lebensdaten Jesu Christi

Weihnachten ist eines der höchsten christlichen Feste, an dem die Kirche die Geburt Jesu Christi feiert. Dass der Messias tatsächlich am 24. Dezember geboren wurde, ist natürlich möglich, jedoch sehr unwahrscheinlich. Glaubhafter ist eine nachträgliche Datierung des Geburtstages auf die Zeit um die Wintersonnenwende (21.12.). Dieses Datum ermöglichte eine symbolische Verbindung: Das Erscheinen des Messias als Beginn einer neuen Zeit (und Zeitrechnung) wird sinnbildlich mit der Wintersonnenwende zusammengeführt, wenn durch die länger werdenden Tage ein neues Erntejahr eingeleitet wird.

Zur Verbreitung des Christentums war es üblich alte, heidnische Traditionen und Feste nicht abzuschaffen, sondern mit neuen Inhalten zu füllen. Aus diesem Grund wurde wahrscheinlich auch das Osterfest zeitlich in die Nähe der Tagundnachtgleiche (Äquinoktium) gelegt, da dieser Moment auch als Frühlingsanfang galt und mit frühen, heidnischen Fruchtbarkeitsriten einherging. Auch das Geburtsjahr Jesu Christi, das mit dem Jahr 0 den Wendepunkt der modernen Zeitrechnung markiert, ist aus historischer Sicht nicht ganz exakt. Vermutlich wurde der historische Jesus etwas früher geboren, etwa um das Jahr 4 v.u.Z. In der Bibel wird berichtet, dass Christus zur Zeit des judäischen Königs Herodes I. geboren wurde. Dieser starb jedoch schon im Jahre 4 v.u.Z. und nicht erst im Jahr 0 oder später.

Wer waren die Heiligen Drei Könige?

Die Bibel berichtet lediglich von Weisen aus dem Morgenland oder wörtlich Magiern aus dem Osten. Weder werden ihre Namen (Caspar, Melchior und Balthasar) erwähnt, noch wird ausgeführt, sie seien Könige. Wahrscheinlich waren es Astrologen, die eine besondere Himmelserscheinung mit der Geburt eines großen Herrschers gleichsetzten. Diese Interpretation war zu dieser Zeit sehr üblich. Astrologen viele alter Hochkulturen in Mesopotamien, Persien und Ägypten sahen in Himmelsphänomenen Hinweise auf besondere zukünftige Ereignisse.

Doch folgten sie tatsächlich einem Stern?

Es ist bis heute umstritten, woran sich die Weisen aus dem Morgenland orientierten. Dass es ein spezieller, nur zu diesem Zeitpunkt scheinender, einzelner Stern war, gilt wissenschaftlich jedoch als ausgeschlossen. Für die Zeit der vermuteten Geburt Jesu Christi lassen sich verschiedene Himmelserscheinungen berechnen, die den Eindruck erwecken können, ein einzelner, besonders heller Stern zu sein. Am wahrscheinlichsten sind Planetenkonjunktionen (Begegnungen), z.B. von Saturn und Jupiter im Sternbild Fische (7 v.u.Z.) oder von Sonne, Jupiter, Venus und Mond im Sternbild Widder (6 v.u.Z.). Andere Theorien vermuten in dem beobachteten Himmelsphänomen einen Kometen oder eine Supernova.

Eva und der Apfel

Das klassische Bild vom Sündenfall stellt Eva im Garten Eden dar, wie sie – von einer Schlange verführt – einen Apfel in den Händen hält. Der Apfel gilt im allgemeinen Kirchenwissen als die Frucht der Erkenntnis und als Symbol der Verführung. Wer die Geschichte im 1. Buch Mose, Kapitel 3 selbst liest, wird feststellen, dass lediglich von einer Frucht die Rede ist. An keiner Stelle wird jedoch ein Apfel erwähnt.

Diese Verwechslung basiert auf einem Übersetzungsfehler. In der lateinischen Sprache, also der offiziellen Kirchensprache bis zum zweiten Vatikanischen Konzil Mitte der 1960er Jahre, bedeutet „malus“ sowohl Apfelbaum als auch böse bzw. schlimm. Auch das Wort „malum“ kann ebenso mit Apfel, wie mit übel, böse und schlecht übersetzt werden. Aus dem naheliegenden Wortspiel vom „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ („lignum scientiae boni et mali“) ergab sich so im Volksglauben der Apfel als Frucht der Erkenntnis. Da sich Adam und Eva jedoch gleich nach dem Genuss der Frucht, ihre Blöße erkennend, mit Feigenblättern bedeckten, ist es wahrscheinlicher, dass mit der Frucht ursprünglich eine Feige gemeint war.

(Bild: Walter Hochauer/Wikipedia unter CC BY-SA 2.0)

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